Die Sache mit dem Verzeihen

Klingt logisch oder? „Hey ich habe da Bockmist gebaut- Sorry“ und dann folgt ein "Vergeben und Vergessen". 

Doch das ist oftmals zu schön um wahr zu sein. 

Bevor ich da jetzt tiefer einsteige möchte ich dir im Vorfeld sagen:

Ich habe großen Respekt vor deiner Geschichte- ich spreche über „normale“ Fehler und auch kleine neurotische Eigenschaften- ich spreche ausschließlich von Erwachsenen und nicht von Kindern oder Erlebnissen aus der Kindheit. 

Verzeihen ist leider oftmals leichter gesagt als getan. Wir fühlen uns verletzt und oftmals sind wir es auch. Wir reagieren mit Empörung und Groll. 
Wir projizieren unseren Schmerz und unsere Verletzung auch gerne auf jemand anderen. Wir gehen super schnell in den Konflikt und die Konfrontation. 
Das kann man machen. Keine Frage. 
In dem Moment, wo ich so reagiere manövriere ich mich direkt und mit Vollgas in den Opfermodus. Damit gebe ich sämtliche Verantwortung für mich und mein Wohlbefinden, ja meinen inneren Frieden, ab. 
Diese Wut, dieser Groll, ich würde jetzt am liebsten schreiben, dass sie nichts Gutes für dich tun, doch das wäre gelogen. Ja ehrlich. Du profitierst auf jeden Fall von deiner Empörung und das Festhalten an deinem „Recht“. 
Das macht dich zu einem Opfer. Du kannst ja dann nichts dafür. Die anderen sind so komisch geworden; haben sich so verändert. 
Ganz davon abgesehen, was es mit deiner Energie macht- es zieht dich innerhalb von Sekunden so tief runter, da ist alle Kraft und Lebenslust schnell verpufft. 
Außerdem kann unser Gehirn nicht unterscheiden, in welcher Zeit du dich befindest. Wenn du an eine vergangene Situation denkst, ist es für dein Gehirn so, als wenn es JETZT in diesem Moment passiert. 
Das heißt, es werden auch dieselben Stress- und Angsthormone ausgeschüttet. 
Super. 

Deine Verantwortung

Hast du schon einmal darüber nachgedacht, was deine Verantwortung in dieser Situation ist? Dass du ja auch Erwachsen bist und nicht mehr ein kleines Mädchen, was gerade von den anderen Kindern gehänselt wird? 
Du bist die Schöpferin deines Lebens. Jeden Tag. Es ist dir und deinem Leben weder dienlich noch sorgt es für dein Wohlergehen, wenn du grollst. Wenn du dich klein machst. Denn genau das tust du. Du agierst nicht in der vollen Reichweite und mit der vollen Kraft deines Seins. 
Glaube mir, auch ich finde es schwer, meine Empörung abzustellen. Und ich meine jetzt auch nicht, dass du dir alles gefallen lassen musst oder du dich von anderen behandeln lassen musst wie der letzte Depp. 
Never.
Da beginnt deine Verantwortung. Wenn du dich klar aufstellst und aufhörst, dich wie ein Rumpelstilzchen aufzuregen oder wie ein kleines Kind zu schmollen, bringt dir das deinen Frieden. Warum ist dir dein Frieden so wenig wert? 
Ich weiß, ich pauschalisiere hier. Das liegt vielleicht daran, dass ich so viele Frauen immer wieder höre, wie sie sich über jemanden oder bestimmte Situationen beklagen, sich aufregen. Und beim genauen Hinhören ist das schon gefühlt tausend Jahre her. Dann erlebe ich Frauen, die in den vollständigen Opfermodus fallen. So tun, als wenn sie nichts mit der Situation zu tun haben und sämtliche Verantwortung für das, was da geschehen ist, ablehnen. 

Kann man machen- aber ob das dazu führt, glücklich zu sein, wage ich mal stark zu bezweifeln.

Ich persönlich glaube, dass einen diese Art von Opfermodus und Empörung klein hält.
Schau mal, siehe dir Nelson Mandela an. Jeder, der seine Lebensgeschichte kennt, könnte verstehen, wenn es sich empören würde. Wenn er sich als Opfer (was er ja wirklich war) fühlen würde. Doch er kam nach 27 Jahren Haft, inkl. harter Arbeit in einem Steinbruch aus dem Gefängnis und hat sich für den Frieden in seinem Land eingesetzt. Er ist einer der Menschen, die ich zutiefst bewundere. Was er getan hat ist, die Verbindung zwischen Opfer und Täter gekappt. Er hat für sich entschieden, dass Groll und Wut sein Leben vergiften und hat verziehen. Etwas, wenn du mich fragst, was kaum zu glauben ist.

Wenn du immer wieder jemanden grollst, hast du eine emotionale Verbindung zu deinem „vermeintlichen“ Täter. Du bist immer mit diesem Menschen verbunden. Groll und Wut sind so negative Emotionen- du vergiftest damit dein Sein. Das ist nicht "Verantwortung übernehmen". Das ist genau das Gegenteil. Ich meine auch nicht, dass du Wut und Ärger ständig herunterschlucken sollst. Das vergiftet genauso. Wut und Empörung haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Lass es raus. Kotz dich aus. Doch dann mach Schluss. Höre auf, dir diesen geistigen Bullshit immer und immer wieder reinzuziehen

Du hast jeden Tag die Chance…

Jeder Tag deines Lebens, ist wie ein weißes Blatt Papier. Du entscheidest, wie sich deine Geschichte schreibt. 
Möchtest du dieses leere Blatt Papier nutzen? Oder möchtest du deinen Vordruck von dem, was du an Wut und Empörung mit dir rumträgst, auf diese leere Seite schreiben? 
Es ist deine Entscheidung. 
Bist du bereit, jeden Tag, diese Chance zu nutzen? 
Bist du bereit, in deine Größe und in deine Verantwortung zu gehen und Ja zu dir und deinem Leben zu sagen? 
Bist du bereit, deine „dunkle“ Seite anzunehmen und diese genauso willkommen zu heißen, wie die freudvolle?

Dann entscheide dich. Jeden Tag. Wenn sich Empörung in dir ausbreitet, frage dich, was diese Empörung für dich tut. Welchen ungeliebten Anteil in dir füttert diese Empörung? 
Wenn du ins Drama abrutschst, frage dich: möchte ich das wirklich jetzt so wieder erleben und wieder fühlen? 

Wenn du dich jeden Tag aufs Neue für dich entscheidest, was hast du dann davon?
DU lebst. Du befreist dich aus dem Gefühl gesteuert und gefangen von Umständen oder Menschen zu sein. Du gehst damit in deine Größe. (Eine Behauptung von mir; Die meisten Menschen, die so richtige wütende Rumpelstilzchen sind, gehen nicht in ihre Kraft und in ihr Potenzial)
Schaue dir Nelson Mandela an oder andere Menschen, die dich inspirieren. Kappe die emotionale Verbindung zu deinen Tätern- denn solange du das nicht tust, wirst du immer ein Opfer sein. 

Wenn du dich jetzt fragst, wie du das tun sollst? Es gibt viele Möglichkeiten, sich von Menschen oder auch Situationen zu lösen. Was mir immer gut hilft, ist das Schreiben. Ich schreibe meinen Ärger auf- ohne etwas zu beschönigen. Ich sage, was ich denke sagen zu müssen. Und dann verbrenne ich das Blatt Papier- ich lasse es in Rauch aufgehen. 
Eine weitere gute Methode, um sich aus diesem Opfer Denken zu befreien, ich umarme den Teil in mir, der sich noch als Opfer fühlt. Ich rede auch mit ihm. Ich nehme dann diese kleine Ellen in den Arm und schaue sie an. Ich sehe da kindliches Verhalten und nehme es an. Wenn ich dem Kind in mir das gebe, was es braucht, dann bockt dieses Kind nicht rum. Dann kann ich wieder erwachsen und rational agieren. 

Es gibt auch gute Meditationen, um sich mit den eigenen Verletzungen auseinander zusetzen- ABER:
Bitte, mache das nur, wenn du wirklich dafür bereit bist. Es ist auch okay, wenn du sagst, dass du deine Empörung oder deinen Groll noch nicht loslassen kannst. Wenn der Schmerz zu tief ist. 

Es ist dein Leben- du entscheidest, wie du es lebst.

Jeden Tag.
 

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