Und? Haben Sie auch Ja gesagt?

Markus und ich tragen seit fast 19 Jahren denselben Namen. Seit fast 26 Jahren gehen wir gemeinsam durchs Leben. Das mit den guten und schlechten Zeiten kennen wir so gut.

Wir haben den 24.12.2021. In Südtirol im Hotelzimmer sitzen wir 5 gemeinsam und haben eine kleine Bescherung. Seitdem wir über Weihnachten wegfahren, fällt unsere Bescherung bzw. unser Weihnachtsfest etwas anders aus. Doch für uns völlig richtig.

In einer Welt, wo wir „eigentlich“ alles haben, uns alles kaufen können, haben Markus und ich schon lange übereinstimmend festgelegt, dass wir uns nichts mehr schenken. Wenn wir uns etwas wünschen, sprechen wir darüber. 

Allerdings muss ich zugeben, es gibt diesen einen Wunsch. Etwas, was ich mir nie selbst kaufen würde, was auch nicht um den materiellen Wert geht, sondern es geht vielmehr um die Geste

Ich kann auch gar nicht beschreiben, warum mir das so wichtig ist. Aber, ich hätte es einfach gerne….

Bevor ich sage, wovon ich rede, lasst mich etwas ausholen. 

Als ich 2002 erfuhr, dass ich schwanger war, waren wir bereits 7 Jahre ein Paar. Wir hatten beide gute Jobs und uns war klar, dass wir eine gemeinsame Zukunft haben. Dennoch kamen die zwei Striche auf dem Test recht überraschend. 

Wir hatten eine gemeinsame Wohnung, aber wir waren nicht verheiratet. Und ich wollte auch nicht heiraten. Jedenfalls nicht schwanger. 

Es ging mir gar nicht darum, dass ich das Glas Sekt nicht trinken konnte- ich wollte unserem kleinem Bauchzwerg nicht verantwortlich für eine Ehe machen. Egal, wie das Endergebnis ist. 

Als Alexandra ein halbes Jahr alt war, hat Markus mich dann gefragt, ob ich seine Frau werden möchte. Es war in unserer Küche- beim Grillen. Er hatte einen süßen Text- er drehte sich um das Abenteuer des Lebens, worauf wir uns zusammen einlassen, vorbereitet. Und ja, er ist vor mir auf die Knie gegangen. (Das war mir extrem unangenehm)

Es war wirklich schön. Doch, ich weiß auch nicht genau warum, es fehlte etwas. Ein wichtiges Detail. Für mich jedenfalls wichtig. Es gab keinen Verlobungsring

Gut, vor fast 20 Jahren war das auch oftmals nicht so üblich. Aber bei vielen späteren Verlobungen, die ich mitbekam und ein Ring geschenkt wurde, spürte ich einen kleinen Stich

Wir sitzen also am 24.12. gemeinsam zusammen- alle Geschenke sind verteilt und ausgepackt. Und auf einmal steht mein Mann auf, greift in seinen Koffer und kommt mit einem verdächtig viereckigen Kästchen wieder. 

Ich reiße die Augen auf, meine Augenbrauen wandern bis an den Haaransatz- und ich stammle nur noch: „Wir schenken uns doch nichts.“ 

Und er lächelt und sagt: „Nein, wir schenken uns nichts. Dieses Geschenk hätte ich dir aber schon vor 20 Jahren machen sollen. Doch heute ist es viel schöner, denn ich möchte dich gerne fragen, ob du meine Frau bleiben möchtest.

Während ich das Päckchen auspacke - das Geschenkband war die Hölle - sitzen meine drei Töchter, mit freudigen Gesichtern und erwartungsvollen Augen, fast auf meinem Schoß.

Endlich habe ich das Geschenkpapier überwunden, öffne ich vorsichtig die Schachtel. 
Der Deckel geht hoch- und ein kleines Licht geht an. (Ich wusste auch nicht, dass solche Schachteln ein Licht haben) Ich blicke auf einen wunderschönen Verlobungsring. Er ist genauso, wie ich ihn hätte haben wollen. Er ist perfekt. (bis auf die Größe des Rings) 

Es gibt nicht viele Momente in meinem Leben, wo ich wirklich sprachlos bin. Das war so einer. 

Mein Mann ist nicht gerade der Romantiker- das ist auch genau richtig so. Dennoch hat mich der Ring und was er gesagt hat völlig überrascht, überwältigt und sehr berührt

Genau 12 Stunden, nachdem wir aus dem Urlaub wieder da waren, standen wir auch beim Juwelier, um den Ring in die richtige Fingergröße zu tauschen. 

Die nette Verkäuferin hörte sich an, was wir wollten und schaute mich dann an und fragte:
Und, haben sie Ja gesagt?“ 
Ich war kurz perplex und meinte dann- „Ja- aber schon vor fast 20 Jahren.
Sie lachte und schaute dann noch etwas fragend: „Sie sind bereits seit 20 Jahren verheiratet?“ 
„Ja, fast.“
„Ach, dann brauche ich sie ja gar nicht mehr fragen, ob sie auch Trauringe kaufen möchten.“ 
„Nein, die haben wir schon eine ganze Weile am Finger.“
„Ach ja, bis das der Tod einen scheidet.“

Ist das so? 

Markus und ich haben uns vor langer Zeit etwas geschworen. Ja, klar, auch vor dem Altar den berühmten Satz: „Bis das der Tod uns scheidet.“ Doch ehrlich gesagt, hat der wenig Bedeutung für uns

Nein, wir haben uns gegenseitig versprochen, uns nie miteinander zufrieden zu geben. Wir haben uns versprochen, solange zusammen zu bleiben, solange wir uns lieben. Niemand kann das bestimmen. Niemand kann vorhersagen, wie lange das sein wird. 

Doch es ist wichtig, sich immer daran zu erinnern, dass diese Liebe und dieser Zustand nicht selbstverständlich ist. Wir dürfen täglich daran arbeiten. Wir dürfen uns immer wieder zeigen, wie wichtig wir uns sind. Wir dürfen im Trubel des Alltags uns, mich, unsere Träume und Wünsche ernst nehmen. Uns wichtig nehmen. Pflegen. 
Dieser Ring hat für mich viel mehr ideellen Wert, als sein materieller Wert (auch wenn der zugegebener Maßen wirklich nicht so klein ist). Ich habe mich getraut, diesen Wunsch überhaupt zu äußern. Ich habe mich und diesen Wunsch ernst genommen. Egal, was andere sagten. Mir selber diesen Ring zu schenken, wäre nicht dasselbe. Es bedeutet mir so viel, dass Markus diesen Wunsch ernst genommen hat. Dass er auch in ein Geschäft gegangen ist und die Verkäuferin nach einem Verlobungsring gefragt hat. Das er das als Anlass genommen hat, mir eine Liebeserklärung zu machen. 

Okay- vielleicht sind wir doch romantischer, als wir das so dachten. Aber ja, das alles bedeutet mir viel

Es fällt mir gerade sehr schwer, dass ich jetzt noch ein paar Tage warten muss, bis ich den Ring an meinem Finger tragen kann. Denn, ich bin eine große Frau und das macht auch bei meinen Fingern nicht halt- so große Verlobungsringe hatten sie im Geschäft nicht vorrätig. 
Aber ich freue mich wie Bolle darauf. Und ich weiß, ich werde ihn ehren und voller Stolz tragen

Ich erzähle das nicht, weil ich vor dir angeben möchte. Ich möchte dir das erzählen, um dir Mut zu machen

Wir haben wirklich harte Zeiten hinter uns, wo es durchaus vorkam, dass wir unsere Liebe in Frage gestellt haben. Wir haben uns angegiftet, gestritten und uns mies gefühlt. Da war kein Platz für Romantik, für tiefe Zuneigung oder gar das Äußern von unseren Gefühlen und Träumen. 

Doch wir haben das gedreht. Wir haben diese Welle geritten und reiten sie noch immer. So lange, wie es eben dauert. 

Und du und dein Partner, ihr könnt das auch. Dieses Glück, was Markus und ich haben, das ist nicht nur für uns. Das steht dir genauso zu. Du verdienst alles Glück dieser Welt. Du verdienst eine wertschätzende und liebevolle Beziehung.

Und die Beziehung, die du mit dir führst, ist der Schlüssel zu allem. 
 

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