Wie Konflikte entstehen – und wie wir sie lösen können

Dieser Blogartikel ist ein Auszug aus meinem Buch „Sei die Liebe deines Lebens- Schritt für Schritt zu dir“.

Worum geht es in vielen Konflikten?

Es geht darum, Recht zu haben.

Doch machen wir uns klar, dass jeder Mensch die Welt auf seine Art und Weise wahrnimmt, dann stellt sich die Frage, ob es so etwas wie „Recht haben“ überhaupt gibt.

Und das ist genau der Punkt. Natürlich gibt es das „Recht haben“.
Spannend an der Sache ist, dass jeder Recht hat. 
Aufgrund der eigenen selektiven Wahrnehmung kann man sagen, dass jeder Mensch Recht hat. Das Fühlen, das Empfinden, es ist alles richtig. 
Wenn wir nun unser Gegenüber von der Richtigkeit der eigenen Wahrnehmung überzeugen wollen, entstehen Konflikte. Wir haben so viele, meiner Meinung nach unnötige, Konflikte. Menschen gehen auseinander, verlieren den Kontakt zueinander, weil sie so sehr an ihrer Sicht der Dinge festhalten. Es wäre so viel einfacher, wenn wir die Richtigkeit der Wahrnehmung des Gegenübers anerkennen würden. Gleichzeitig wird die Richtigkeit deiner Wahrnehmung anerkannt und du bist dir deiner Richtigkeit bewusst. Wenn du das schaffst, dann suchst du nach Lösungen. Dann ist dir das „Recht haben“ egal. Dein Ego kann auf diese Bestätigung verzichten. 

Jede*r hat eine eigene Landkarte

Ein sehr schönes Beispiel dafür habe ich einmal auf einem Bild in einer meiner Ausbildungsakademien gefunden: Die Welt eines jeden Menschen ist eine Landkarte.
 Jeder von uns hat andere Punkte, andere Erlebnisse und Prägungen auf seiner Landkarte. Dadurch formt sich die Landkarte. Und wir versuchen, unser Gegenüber davon zu überzeugen, dass unsere Landkarte richtig ist. Wenn wir akzeptieren können, dass aufgrund unterschiedlicher Erlebnisse und Ereignisse jeder von uns eine andere Landkarte hat und wir gemeinsame Lösungen finden, wäre die Welt ein sehr friedlicher Ort. 
Doch leider läuft es so noch nicht. Viele Auseinandersetzungen sind voller Ängste, Nöte und Sorgen. Vielen Menschen ist es extrem wichtig ist, Recht zu haben. Selbst wenn Lösungen gefunden wurden, gibt es ein „Ja, aber ...“.
Für mich ist es im Alltag und in der Praxis sehr einfach geworden. 
Sobald ein „Ja, aber...“-Satz kommt, höre ich sehr genau hin. 
Ich höre sehr genau auf das, was nach dem Aber kommt: meistens die „Ich habe Recht“-Begründung. 
Wenn ich im Alltag mit solchen Gesprächen zu tun habe, bin ich raus. 
Ich beende das Gespräch sofort, denn es ergibt keinen Sinn. 
Weil mein Gegenüber überhaupt nicht bei mir ist. Er oder sie ist in der eigenen Geschichte, auf der eigenen Landkarte. Und das Ego möchte unbedingt Recht behalten. Ich bin keineswegs ignorant oder gar arrogant, doch ein Gespräch auf dieser Basis ist für mich Energieverschwendung. Es bringt mir und meinem Gegenüber nichts, denn es bringt uns einer Lösung kein Stück näher. Stattdessen wird gestritten, diskutiert, argumentiert. Und wenn es dann immer noch nicht klappt mit dem Recht haben, wird es persönlich. Es wird zu Mitteln gegriffen, die unterhalb der Gürtellinie liegen, weil so die Dominanz unter Beweis gestellt wird. 
Ich mache in solchen Situationen immer wieder spannende Erfahrungen. Es ist noch gar nicht so lange her, da berichtete ich in einer Gruppe von einer Geschichte, die ich viele Jahre zuvor erlebt habe. Ich erzählte, wie ich damals die Situation erlebt habe und ehe ich es mich versah, war daraus eine Diskussion geworden und ich befand mich in einer Verteidigungsposition. 
Ich war im ersten Moment viel zu verdattert, um reagieren zu können. Es ging bei meiner Geschichte nicht darum, Zustimmung zu finden. Ich wollte nur meine Erlebnisse und Reaktionen teilen. 
Natürlich sieht das jeder anders. Doch welche Wichtigkeit hat diese Information für eine Story, die Jahre her ist? 
Ehrlich gesagt: gar keine. 
Und das Beste war, dass ich in eine Verteidigungsposition kam für ein Verhalten, das zwölf Jahre her ist. Wieso?
Kennst du das, dass du in bestimmten Gruppen oder Konstellationen das Gefühl hast, eher nicht sagen zu können, wie du wirklich denkst, weil deine Meinung sofort kritisiert und zerlegt wird? Die Erfahrung, von der ich dir gerade erzählt habe, hat dazu geführt, dass ich beschlossen habe: Ich möchte das so nicht. Ich habe keine Lust mehr, mich zu verstellen oder unbedingt irgendwo reinzupassen. Wenn ich nichts erzählen kann, ohne dass mir sofort gesagt wird, was ich alles falsch gemacht habe, dann eben nicht. 
Ich möchte mich nicht verbiegen. Ich möchte auch nicht für alles, was ich tue, bewertet werden.

Platz machen für neue Erfahrungen

Wenn wir ehrlich sind: Das passiert ständig. In ganz bestimmten Schubladen zu denken und Menschen Stempel aufzudrücken, ist weit verbreitet.
In welchen Situationen tust du das auch? Wo würdest du dir viel mehr Offenheit und Bewertungsfreiheit wünschen? Dann geh voran. Sei du die Veränderung, die du dir wünschst. Ich kann dir sagen, es macht das Leben einfacher und schöner. 
Es kann passieren, dass du feststellst, dass du in die eine oder andere Gruppe nicht mehr hineinpasst oder auch gar nicht mehr hineinpassen möchtest. Höre auf deine Intuition. Sie wird dir deinen Weg weisen.
Viel zu lange habe ich ausgehalten und gedacht, dass müsse so sein. Ich habe mich genauso hart bewertet, wie ich bewertet wurde. Und noch schlimmer: Ich habe auch andere Menschen so hart bewertet. Damit habe ich mir die Chance genommen, mich auf sie einzulassen und sie kennenzulernen. Als mir klar wurde, was ich wirklich will, habe ich mich von vielen Gruppen, besonders Frauengruppen, verabschiedet. Mal mit lautem Paukenknall, mal eher still und heimlich. Ich hatte lange Angst, dass ich eine einsame Frau werde, wenn ich gehe. Diese Angst war völlig unbegründet. 
Als ich mich befreit habe, habe ich viel Platz gemacht. Für so viele neue Frauen. Für so viele tiefe, echte und gute Freundschaften. Ich lebe in so einer Fülle – das berührt mich so sehr. Was für fantastische und beeindruckende Frauen ich heute um mich habe! DANKE. Ich danke meiner Entscheidung. Sie hat mein Leben so bereichert. 

Gesprächsgrundlagen verändern

Auch in unserem näheren Umfeld gibt es Situationen, in denen wir uns mit unseren Lieben über unterschiedliche Dinge streiten. Und diese Menschen wollen wir ja nicht alle aus unserem Leben streichen. Aber wir streiten, weil jede*r von uns gerne Recht behält. 
Wir streiten zum Beispiel mit unseren Kindern oder unseren Partnern. Vielleicht auch den Eltern oder Schwiegereltern.

Wenn ich dann frage, warum das Recht haben so wichtig ist, kommen die ersten Einwände:
„Ja, aber ich kann doch nicht immer nachgeben. Dann wird ja alles so gemacht, wie die anderen das wollen. Dann habe ich ja nichts mehr zu sagen.“
Mir erscheint es keineswegs so. 
Je weniger Ego und „Recht haben“ in den Köpfen der Menschen ist, desto friedlicher und lösungsorientierter wird es. Die Gespräche nehmen eine ganz andere Richtung auf. Du sagst dann nicht zu allem Ja, aber du hast eine klare Linie. Deine Meinung und deine Sichtweise sind wichtig. Und du bist dir dessen bewusst! 
Du bist dir dessen auch bewusst, wenn dir keiner zustimmt. Es ist okay. 
Wenn wir jedem seine eigene Landkarte lassen und auch für die Richtigkeit unserer Landkarte keine Zustimmung mehr brauchen, verändern wir ab sofort die Gesprächsgrundlage. 

Dann können wir zuhören. 
Dann können wir aufhören zu bewerten.
Und wir wissen, dass unsere Meinung okay ist und wir nicht erst die Zustimmung dafür brauchen. 

Damit geben wir und uns die Erlaubnis, überaus machtvoll zu sein und über uns hinauszuwachsen. 

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